Die liebe Aufmerksamkeit

Submitted by philipp on Mon, 11/16/2009 - 20:06

Das witzige an Psychologie ist, dass man zu vielen Themen unglaublich viele anschauliche Beispiele findet. So ist unser menschliches Gehirn zwar ein unglaublich komplexes Ding, die einzelnen Bestandteile aber sind verhältnismäßig leicht zu durchschauen und deren Funktionsweise anhand von nachvollziehbaren Beispielen gut zu verstehen.

Allgemein bekannt sind optische Täuschungen, die uns eine ganze Menge darüber verraten, wie unser Gehirn visuelle Daten verarbeitet. Die Täuschungen können dabei auf ganz unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Also beispielsweise “low-level” auf Ebene der Sinneszellen, wie in diesem Beispiel. Oder wie in diesem Beispiel auf einer höheren Ebene, bei dem sich das Gehirn bei der Umwandlung einer zweidimensionalen Abbildung auf der Netzhaut in ein dreidimensionales Modell täuschen lässt.

Sehr interessant finde ich das folgende Video zum Thema Aufmerksamkeit.

 

Bitte erst nach dem Anschauen weiterlesen!

In aller kürze ist der zu beobachtende Effekt folgender:
Unser Gehirn kann seine Aufmerksamkeit nur auf eine Sache gleichzeitig richten. Man nennt das dann Locus Of Attention (Locus statt Focus, weil wir unsere Aufmerksamkeit nur eingeschränkt steuern können. So würde mich ein klingelndes Telefon oder eingehende ICQ-Nachrichten ziemlich schnell vom Schreiben dieses Textes ablenken.). Ausgenommen sind dabei eingespielte und rein motorische Fertigkeiten. So kann man prima telefonieren, während man durch die Stadt läuft (Laufen ist halbwegs monoton und eingeübt), allerdings wird es gefährlich, sobald man sich einer Kreuzung nähert und sich das Telefongespräch einen Großteil der Aufmerksamkeit schnappt. Ein guter Grund also, warum man überlegen sollte, ob das Telefonieren während des Autofahrens nicht vollständig untersagt werden sollte.

Im Video von oben passiert genau das. Man lauscht aufmerksam den Fragen des Inspektors und hat deutlich weniger Aufmerksamkeit für den Rest der Szene übrig. So bekommt man nicht mit, was sich alles ändert.
Anders wäre es vermutlich, wenn ihr den Ton abgeschaltet hättet. Es gibt nichts spektakuläres zu Sehen und zu Hören, daher würde sich die Aufmerksamkeit mehr oder weniger gleichmäßig auf die Szene verteilen. Änderungen an den Charakteren und am Hintergrund erregen so viel eher unsere Aufmerksamkeit.

Literaturempfehlung: Jef(f) Raskin, The Humane Interface.

P.S.: Fast noch witziger ist dieses Video.